Tiefe Bindungen wirken stärker als alles andere.

Neurophysiologisches Verständnis von Heilung

Der Kernkonfikt eines Traumas, ist Spaltung, Trennung bzw. Kontaktabbruch.

Die Heilung des Traumas bedeutet demnach, dass die Bindung wieder hergestellt, und die Spaltung, die Trennung, der Kontaktabbruch aufgehoben sind.

Diese Begriffe erinnern uns an Erfahrungen, die wir in unseren Beziehungen gemacht haben. Und zwar mit den Menschen, die uns am nächsten stehen oder standen. Entsprechend leiden wir auch am meisten durch den Kontaktabbruch zu unseren Liebsten. Gleichzeitig verbirgt sich in den Beziehungen zu unseren Nächsten unser wesentlichstes Heilungspotential.
Der Vervollständigung unseres Wesenskerns durch die tiefst mögliche Verbindung, der Verschmelzung zur Einheit.

Ich versuche Dir im Folgenden die Mechanismen zu beschreiben, warum die, unter jedem Kontaktabbruch zu Grunde liegende Kraft, die reine Liebe ist, sich in ihrer Not auf Überleben und Fortpflanzung beschränkt.
Und gleichzeitig all das nicht bedient, was wir normalerweise mit lieben in Verbindung bringen.
Damit sind alle emotionalen Aspekte des Zusammenseins gemeint. Vertrauen, Zuwendung, Berührung, Fürsorge, Zärtlichkeit, Geborgenheit, körperliche Nähe, Lust, Ekstase, Rückhalt, Liebe, Hilfe, Bestätigung, gesehen werden, Mitgefühl, Trost, Schutz, Sicherheit, körperliche Wärme, Unterstützung, Anlehnung, Begleitung, Aufmerksamkeit,…

Warum die Abspaltung aller emotionalen Aspekte ein Akt reiner Liebe ist…

Unser Nervensystem hat sich im Laufe der Evolution in drei Ebenen entwickelt:
– dem Nervensystem der Urzeittiere, der Reptilien (Stammhirn/Rückenmark) mit einer Reaktionsgeschwindigkeit von 4.000.000.000 Bits/Sekunde
– dem fortgeschritteneren Säugetiernervensystem (limbisches System)
– dem emotionalen und sozialen Nervensystem (Frontalhirn, Neokortex) mit einer Reaktionsgeschwindigkeit von 2.000 Bits/Sekunde

Allein durch das Wissen um die Reaktionsgeschwindigkeit des entsprechenden Gehirnareals wird klar: Unter Gefahr ist nur das schnellste System überlebensfähig. Alle anderen werden nicht bedient. Entsprechend stehen soziale, emotionale, kurzum liebevolle Fähigkeiten nicht mehr zur Verfügung. Unter Einfluss von Stress und Angst übernimmt das Stammhirn, das programmierte Unterbewusstsein mit etwa 4 Milliarden Bits/Sekunde anstelle des im Neokortex verankerten rationalen Denkens mit nur etwa 2000 Bits/Sekunde, die Kontrolle. So ist das Stammhirn imstande, die besten rationalen Vorsätze und somit auch das Positive Denken vollständig zu sabotieren. Der Fachbegriff hierfür ist Bottom-Up Hijacking. Oder man könnte auch sagen:

Unter Not wird der Mensch zu einer funktionellen Maschine.

Passiert ein unerwartetes, das Leben potentiell bedrohendes Ereignis, so übernimmt das Nervensystem der Urzeit die volle Kontrolle und steuert alle Funktionen und Reaktionen, die das Überleben sichern. Jeder Mensch hat solche Situationen schon erlebt und fragt oder sagt sich anschliessend, wie die automatisierte Reaktion abgelaufen war. Ohne natürlich in der Lage gewesen zu sein, diese bewusst hätte steuern zu können. Hierzu gehören beispielsweise brennsliche Situation im Autoverkehr, auf Glatteis ausgerutscht, Tasse runtergefallen, … genau dieses Zucken, das du vielleicht nur schon an den Gedanken an die Situation merkst, das ist die automatisierte Reaktion des urspünglichsten Nervensystems (mit der höchsten Reaktionsgeschwindigkeit)

Falls das geschehene Ereignis für den Betroffenen mit Ohnmacht und gleichzeitiger Handlungsunfähigkeit einher ging (z.B im Auto eingeklemmt), bleibt das Geschehen unverarbeitet und der Betroffene emotional darin stecken. Zukünftig auftretende Trigger können die unverarbeitete Erfahrung reaktivieren. Dies wird Flashback genannt. In so einem Fall spricht man von einem Schocktrauma.